Neue Ernte, neue Rezepte oder: Was Mehl mit Wein gemeinsam hat

Mehl ist ein lebendiger Rohstoff. Erkennen Sie die Unterschiede?

Der Spätsommer ist eine der spannendsten Jahreszeiten für unsere Arbeit in der Backstube. Dann bekommen wir nämlich die neue Getreideernte.

 

„Hat sich an der Rezeptur des Roggenlaibs im letzten Jahr etwas geändert?“, fragte uns dieser Tage eine Kundin per Mail. „Mir kommt es so vor, dass mehr Weizen und weniger Roggen verarbeitet wird. Vielleicht täuscht mich mein Geschmackssinn auch.“

Fragen wie diese beantworten wir besonders gerne. Es gibt nämlich einiges darüber zu erzählen, warum Stammkunden unser Brot (und auch andere Gebäcke) womöglich gerade ein bisschen „anders“ vorkommen. Und wir freuen uns, wenn sie so aufmerksam sind, weil wir dieses Interesse an unserem Handwerk schätzen.

Jedes Jahr im Spätsommer kommt über einen Zeitraum von drei, vier Wochen die neue Ernte in unserer Backstube an: In Form von Getreide, das wir dann selbst schroten und vermahlen, oder direkt als Mehl.

Vom Wein ist es ja schon hinlänglich bekannt, dass jeder Jahrgang seinen eigenen Charakter hat, je nachdem wie sonnig, kalt oder feucht die Saison war. Ähnlich ist es beim Getreide: Die Witterung beeinflusst unter anderem den Stärke-, Eiweiß- und Mineralstoffgehalt. Und weil das Mehl die wertgebende Zutat in unseren Backwaren ist, verändern sich diese natürlich mit.

Das macht sich zum Beispiel bei der Reifezeit der Teige, im Säuregrad unseres Sauerteigs oder beim Backverhalten bemerkbar. Es kann sich durch eine feinporigere Krume oder veränderte Kruste zeigen und natürlich auch im Geschmack.

Da kann es passieren, dass das normale Schnittbrötchen, eigentlich ein reines Weizenbrötchen, am Ende auch 2-3% Roggenmehl enthält, weil genau diese Mischung die ideale Teigreife und den besten Geschmack hervorbringt. Wer einen feinen Geschmackssinn hat, merkt es. Alle anderen können selbstverständlich in unsere Zutatenliste schauen, die wir für jedes Produkt führen.

Natürlich lassen sich diese Schwankungen auch mit Backmitteln und Stabilisatoren ausgleichen. Aber solche Zusatzstoffe machen die Backwaren nicht etwa besser, sondern nur immer gleich.

Für uns ist Brot ein lebendiges Produkt mit einem ganz individuellen Charakter und genau deshalb sind wir auch immer total gespannt auf das neue Getreide. Denn dann müssen wir bei jedem Arbeitsschritt in unserer Backstube in Mukran noch genauer hinschauen, unseren Erfahrungsschatz und unser Wissen einbringen, ausprobieren, verkosten, nachsteuern und Rezepturen verändern. Die neue Ernte fordert und inspiriert uns in unserem handwerklichen Können, bis wir genau das Produkt erhalten, das wir uns vorstellen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Entdecken der feinen Unterschiede – und einen guten Appetit.

Getreidefeld auf Rügen: Bald ist es soweit und die Ernte wird eingebracht.
Getreidefeld auf Rügen im Hochsommer: Bald wird die Ernte eingebracht.